Spät nachts, nach 2.5 h Fährfahrt erreichen wir Estland, genauer gesagt Tallinn. Die erste Nacht verbringen wir auf einem Parkplatz am Meer etwas ausserhalb von Tallinn. Dort werden wir von ein paar Jungs mit lauter Musik und Gelächter in Empfang genommen. Immer diese jungen Leute :-P Nach einer eher kurzen Nacht, machen wir uns auf in die Stadt hinein für einen Rundgang durch die Altstadt. Es ist windig aber immerhin scheint die Sonne. Wir holen uns in der Touristen-Information einen Stadtplan und schon kanns losgehen. Während man durch die Pflasterstein-Gassen flaniert, vorbei an unzähligen Souvenirshops und Kunstgalerien, gibt es viele Kirchen, Türme und Reste der alten Stadtmauer zu sehen. Alles in allem eine wirklich schöne und sehenswerte Stadt. Da der Wind aber sehr bissig ist, wärmen wir uns in einem kleinen gemütlichen Cafe, dass sich auf heisse Schokolade spezialisiert hat, wieder auf.


Nach unserem Tag in Tallinn, wollen wir etwas vorwärts kommen und legen einen Fahrtag ein. Als wir so vor uns hin fahren und unseren Krimi hören, stellen wir amüsiert fest, dass wir wohl irgendwann in der letzten Stunde eine Landesgrenze überquert haben. Die Autonummern hier sind plötzlich alle mit LV gekennzeichnet. Wir sind also nun in Lettland, hoppla… Michael wünscht sich für seinen Geburtstag einen Lazy Day (Name ist Programm: alles kann – nichts muss) am Meer.
Gesagt getan, am Tag vor dem grossen Tag, finden wir ein tolles Plätzchen direkt am Meer, wo uns die Sonne sogar einen Sonnenuntergang in dänischer Manier bietet. Michaels Geburtstag verbringen wir mit zocken im Bett und all seinen Lieblingsmenüs: Oatmeal, Pesto-Hörnli und Schneggenudle (Rosenkuchen) nach Grossmutters altem Rezept. Da die Sonne so schön scheint machen wir einen Strandspaziergang und retten einen kleinen Frosch vor den Fluten der Ostsee. Es hat was ganz eigenes, dick eingepackt, im Winter über einen teils gefrorenen Sandstrand zu laufen…

Wir wollen in Litauen noch ein Stück auf dem TET fahren, darum lassen wir Lettland hinter uns und fahren über die unbewachte Grenze, die man kaum erkennt, wenn man nicht hinschaut. Mittlerweile machen wir uns nicht mal mehr die Mühe, unsere Zertifikate bereit zu halten, 9 Ländergrenzen später haben wir es nur eimal geschafft, in eine Kontrolle zu kommen und das waren nicht einmal echte Zöllner…
Nach der Grenze einmal rechts abbiegen und schon steht man mitten in der Pampas, ohne befestigte Strassen oder anderen Luxus, wie Strassenlaternen oder Ortsschilder. Michi freuts, ist hier doch alles dreckig und der braune Pfad vor uns, übersäht mit Pfützen gross wie Meteoriten-Krater… Schnell wechselt Björn seine Farbe , von hellgrau zu matschbraun. Michi feiert mit Björn eine Schlammparty, während Jessy krampfhaft versucht, das Geschaukel und Gehüpfe ohne Schleudertrauma zu überstehen.
Leider hat der Spass im Dreck ein jähes Ende, als die Kühlwassertemperatur-Anzeige uns mitteilt, das unser Björn ganz schön am Schwitzen ist. Leicht beunruhigt macht sich Michi auf die Suche nach dem Problem, was er auch schnell findet. Wir verlieren Kühlwasser, die Frage wo bleibt aber vorerst ungeklärt. Da stehen wir nun, irgendwo im Nirgendwo und müssen kreativ werden. Denn natürlich haben wir kein Ersatz-Kühlwasser dabei und weit und breit gibts nur Bäume und Felder. Naja, kriegt der alte Junge halt unser Trinkwasser, was er uns mit einer riessigen Dampfwolke dankt. Langsam und mit vielen Verschaufpausen schaffen wir es in die nächste Stadt Kuršėnai, wo wir sogar direkt eine Werkstatt finden, wo man uns helfen kann.
Unser neuer Freund, dessen Namen wir uns beim besten Willen nicht merken konnten, kriecht unter den Bus und findet auch schnell das Leck. Durch das Fahren über die holprigen Feldwege hat der Kühlwasserschlauch, der unseren Boiler erhitzt, an einem Metallteil gerieben und einen Riss bekommen. Nach einigen netten Worten via Google Translate und ein bisschen weiblichem Charme, willigt er ein, sich unserem Problem auch noch eine Stunde vor Feierabend anzunehmen. Damit Björn überhaupt durch die kleine Garagen-Öffnung passt, lässt unser litauischer Mechaniker kurzerhand bei allen vier Reifen die Luft raus; so passt dann auch unser 2.90 m Kamel durch das Nadelöhr… Eine Stunde später und 50 € ärmer, ist der Schlauch geflickt, frisches Kühlwasser drin und wir wieder startklar. Bezahlt übrigens ganz einfach mit Kreditkarte.
Die restlichen Kilometer bis zur polnischen Grenze fahren wir auf dem TET weiter und geniessen das braun und weiss das uns im Wechsel umgibt. Die Sonne ist ein sehr seltener Gast geworden und der Winter schlägt mit kalten Bisen und Schneeregen um sich. Es bleibt unspektakulär, was uns aber nicht stört. Wir hatten Action genug in Litauen… ab nach Polen.
